von Christoph Eichenseer
Ab wann ist „repräsentativ“ „repräsentativ“? Immer wieder wird uns diese Frage gestellt. Und wie so oft im Leben – die Antwort können wir nicht in einer Zahl oder einem Satz geben. Deshalb zusammengefasst einige Aspekte:
So viele sollten es mindestens sein!
Eine erste Frage, die zu klären ist: Wollen wir „repräsentative“ Gesamtergebnisse oder ist es für die Fragestellung wichtig, auch auf Teilgruppen (Geschlecht, Alter…) zu analysieren?
Die deutsche Bevölkerung lässt sich nicht oder nur sehr schwer mit der Auswahl von beispielsweise 100 Personen passend über die Merkmale Bildung, Berufstätigkeit und deren Kombinationen abbilden. Um dies zu erreichen und hier zuverlässige Aussagen machen zu können, sollten mindestens 500, besser 1.000 Personen befragt werden. Bei einer B2B-Studie über verschiedene Branchen, Größenklassen und Regionen ist eine Stichprobe ab 100, besser 200 Befragten empfehlenswert.
Unvermeidlich: Etwas Statistik/Mathematik
Was wir laienhaft „repräsentativ“ nennen, ist eine Kombination aus der „Sicherheit“, mit der wir eine Aussage treffen können, und einem Bereich („von – bis“), in dem wir etwas mit der geforderten Sicherheit sagen können. Ein Beispiel: Bei 500 befragten Personen bedeutet ein Ergebnis von „30 %“, dass es in der Realität mit 95 %iger Sicherheit zwischen 26–34,2 % liegt. Bei 2.000 Befragten liegt der Wert zwischen 28–32,1%. „95 Prozent Sicherheit“ ist ein gängiger Wert in der Sozialforschung. Es gibt aber auch Bereiche, z. B. die Medizinforschung, bei der deutliche höhere Werte („99,9 %“), also eine deutlich größere Sicherheit gefordert wird. Mit einem höheren Sicherheitsanspruch wird dann der Wertebereich, innerhalb dem Aussagen gelten, deutlich größer, oder die Fallzahl muss deutlich erhöht werden.
Alles nur Statistik?
Die statistische Betrachtung ist nur ein Aspekt bei der Auswertung einer repräsentativen Befragung. So nutzt es nichts, wenn statistisch alles passt, aber die Stichproben-Anlage bzw. -Ziehung mangelhaft war. Ganz zu schweigen von Fragestellungen, die am Thema vorbei gehen oder/und suggestiv sind („sind Sie auch der Meinung, dass…“).
Das führt zu einem zweiten, mindestens genau so wichtigen Bereich: Neben Methodenfestigkeit ist die Fähigkeit zur Dateninterpretation gefragt. Laien verbeißen sich gerne in der Interpretation einzelner Zahlen (und verlieren dabei auch noch die statistischen Fakten aus dem Kopf). Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, lautet das Sprichwort dazu. Dann ist die Gefahr sehr groß, dass trotz vieler kleiner Mosaiksteinchen, in Form von tausenden einzelnen Zahlen, kein Gesamt-Bild entsteht. Es kommt aber darauf an, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, die großen Linien zu erkennen und zentrale Befunde aus dem Datenmaterial zu destillieren. Erst dann ist der Schritt von der Analyse zur Planung, von der Fragestellung zum „was sagt uns das“ (in Bezug auf die Fragestellung) möglich.
Wer also repräsentative Marktforschung sinnvoll nutzen will, braucht beides: Methodenfestigkeit, die sich in Fachkenntnis und Liebe zum – mathematischen – Detail zeigt, und den Blick für das Große und Ganze, für Aufgabenstellung, strategische Optionen und mögliche Handlungs- und Kommunikationsfelder.