Die Bundestagswahl ist vorbei – und die Demoskopen lagen in ihren Sonntagsfragen (Umfragen vor der Wahl), Prognosen um 18:00 Uhr (dabei werden BürgerInnen befragt, die gerade aus dem Wahllokal kommen) und den anschließenden Hochrechnungen nicht schlecht.
Es gilt also nicht, vermeintliche Unzulänglichkeiten der „empirischen Sozialforschung“ (in diesem Feld bewegen wir uns) zu erklären, sondern wir haben die Möglichkeit, ein wichtiges Qualitätskriterium zu erläutern. Denn immer wieder müssen wir Fragen zu den Fallzahlen bei einer Stichprobe beantworten. Oft ist eine grundsätzliche Skepsis herauszuhören nach dem Motto „nur 1.000 Befragte – das kann doch nicht repräsentativ sein“. Statt theoretischer Erläuterungen wollen wir Ihnen ein historisches Ereignis rund um die US-Präsidentschaftswahl 1936 schildern, das eindrucksvoll belegt, dass es bei Befragungen primär um die Qualität der Auswahl (= Stichprobe) und nicht um die schiere Menge der Befragten geht.
Die Zeitung “The Literary Digest” schätzte den Ausgang der amerikanischen Präsidentschaftswahlen seit 1916 aufgrund von Leserumfragen. Bis ins Jahr 1936 hatten die Macher ihre Technik erstaunlich entwickelt: Nicht nur Leser wurden aufgefordert, ihre Meinung kundzutun, sondern es wurden ergänzend z. B. auch Amerikaner befragt, die als Autobesitzer registriert waren, und es gab zusätzlich telefonische Befragungen. So kam 1936 eine erstaunliche Stichprobe zusammen: 2,4 Millionen Menschen machten Angaben zur Wahlabsicht! Die „The Literary Digest“-Prognose kam auf 57 Prozent der Stimmen für den Republikaner Alf Landon, während der demokratische Kandidat Roosevelt nur 38 Prozent der Stimmen bekommen sollte.
Das Institut „Gallup“ hingegen befragte wöchentlich nur rund 2.000 Amerikaner und sagte 56 % für dem demokratischen Kandidaten voraus. Das Wahlergebnis: 61 % für Franklin D. Roosevelt.
Die Gründe sind schnell erklärt: Die Leserschaft von „The Literary Digest” war, so imposant ihre Anzahl auch erscheinen mochte, nicht repräsentativ für alle AmerikanerInnen. Außerdem war der Besitz eines Autos und/oder eines Telefons damals nur einer kleinen Gruppe wohlhabender Menschen vorbehalten. Gallup hingegen befragte Face-to-Face, was jeder angesprochenen Person, also jedem potentiellen Wähler, die Chance gab, in die Stichprobe zu kommen. Dabei wurde versucht, bei der Auswahl der befragten Personen ein verkleinertes Abbild der amerikanischen Gesellschaft zu realisieren.
In Summe sind die Umfragen rund um die US-Präsidentschaftswahlen 1936 ein „historischer“ Beleg für „Qualität schlägt Quantität“, der auch heute noch bei Statistikvorlesungen gerne genutzt wird. Und auch für uns sind sie ein ganz praktisches Beispiel, wenn wir bei repräsentativen Befragungen, die wir durchführen, gegenüber Kunden für unsere „Qualität vor Quantität“-Philosophie werben.