Die Meinungsforscher haben sich im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen in den USA nicht mit Ruhm bekleckert. Erneut nicht.
Über Gründe und Schlussfolgerungen daraus wird viel diskutiert – auch in Hinblick auf die generelle Zuverlässigkeit des Instruments „Meinungsforschung“.
Für uns, die sehr oft in unseren Projekten oder Forschungsvorhaben auf qualitative und repräsentative Meinungsforschung zurückgreifen, ist dies also in mehrfacher Hinsicht kein theoretisches Problem.
Im Handelsblatt vom 05.11.2020 fasst Christian Rieckens vier Gründe für das Desaster der Demoskopie bei den US-Wahlen zusammen:
1. die hohe Wahlbeteiligung, die – nicht wie sonst und wie erwartet – Angehörige von (den Demokraten nahestehenden) Minderheiten an die Wahlurne bringt, sondern in diesem Jahr vor allen Dingen Trump-Anhänger; weiße Wähler ohne College-Abschluss
2. mobilisierende Effekte der Trump-Großveranstaltungen in den Swing-States – die trotz CORONA durchgeführt wurden
3. immer niedrigere Antwortquoten bei Umfragen
4. besondere Erfolge von Trump bei Latinos (insbes. in Florida) mit der Diskreditierung von Biden als „Sozialisten“.
Von diesen Problemen betrifft uns im alltäglichen Umgang mit Markt- und Meinungsforschung nur die Frage, dass immer weniger Personen bereit sind, sich an Umfragen zu beteiligen und dort auch wahrheitsgemäß zu antworten.
Zum einen besteht die Aufgabe des durchführenden Instituts, anders als bei (amerikanischen) Wahlprognosen, nicht darin, eine bestimmte Anzahl von Anrufen durchzuführen und zwar in einer bestimmten, sehr knappen Zeitspanne (bis zum Datum der Veröffentlichung, bis zu nächsten Sendung…) – was zu unsicheren Ergebnissen führen kann. Vielmehr geht es darum, eine bestimmte Zahl von Interviews (deren Zusammensetzung zuvor genau festgelegt wird) tatsächlich zu führen – und zwar in der Zeit, die dafür notwendig ist.
Vor allem aber konzentrieren wir uns in unseren Untersuchungen auf Einstellungen, Meinungen und Wissensstände. Diese Dimensionen sind deutlich sicherer zu ermitteln, als konkretes Handeln (sei es eine Kauf- oder aber auch eine Wahlentscheidung). Wo die Stärken und Schwächen der Produkte „Trump“ oder „Biden“ lagen, ist vielfach und sicher richtig analysiert worden. Aussagen darüber, was daraus folgt, zu welchem konkreten Handeln (= Stimmabgabe „ja“ oder „nein“ und wenn „ja“: für wen?) dies führt, sind deutlich komplexer.
Wahlprognosen sind damit ein exponierter Beleg dafür, dass reine Zahlen (fast) nichts wert sind, sondern immer der Interpretation und Einordnung bedürfen – wofür das Büro Hitschfeld mit seiner Beratungskompetenz steht.