von Christoph Eichenseer und Uwe Hitschfeld
Warum interessiert uns das?
Für das Büro Hitschfeld gehört Meinungsforschung zum täglichen Handwerkszeug bei der Betreuung akzeptanzkritischer Projekte. Mit qualitativer Meinungsforschung verschaffen wir uns z. B. Eindrücke über grundlegende Motiv- und Wertemuster bei projektrelevanten Stakeholdern und sammeln Informationen über Kommunikationsstrukturen.
Repräsentative Forschung liefert „hochrechenbare Zahlen“ – auch für Teilgruppen, z. B. zu Meinungen, Einstellungen und Images, die auch regional und zeitlich vergleichbar sind.
Die wichtigsten Erkenntnisse gewinnen wir durch die Verknüpfung beider Forschungsansätze.
Die Öffentlichkeit kennt die repräsentative Forschung insbesondere durch die allgegenwärtige Wahlforschung der Fernsehsender und ist deshalb den Umgang mit solchen Informationen gewohnt.
Für den Praktiker bieten diese Daten und deren Interpretation einen guten „kognitiven Anknüpfungspunkt“ als Einstieg in die Debatte von Forschungsergebnissen.
Es ist deshalb für uns notwendig, die Weiterentwicklung der verschiedenen Forschungsmethoden und konzeptionellen Ansätze zu beobachten und in unseren Projekten nachzuvollziehen, um auf der Höhe der Zeit zu sein. Eine Arbeit, die von unseren Kunden oft gar nicht bemerkt und – zu Recht – vorausgesetzt wird.
Benchmark: die Bundestagswahl
Ein Ereignis, dem sich keines der großen Forschungsinstitute entziehen kann, ist die Bundestagswahl. Damit ist eine Bundestagswahl der Härtetest für alle Institute, die vor der Wahl Daten veröffentlicht haben (s. auch unseren Beitrag vom 29. August 2017).
Welcher Ansatz, welches Institut liefert also das beste Ergebnis?
Schauen wir uns die TOP 3* an:
Mit identischen Werten belegen die beiden Institute „Infratest dimap“ und „Forschungsgruppe Wahlen“ zusammen den zweiten Platz. Dieses positive Ergebnis wundert uns nicht, da beide Institute seit Jahren für die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten arbeiten (Infratest dimap = ARD / Forschungsgruppe Wahlen = ZDF) und damit über langjährige Erfahrungen und auch über sicher nicht zu knappe Budgets verfügen.
„Sieger“ in unserem Contest ist das Institut „INSA“, was aus mehreren Gründen eine Überraschung darstellt. Zum einen gehört INSA nicht zu den großen, bekannten und traditionsreichen Namen der Branche. Vor allem aber wurden die Daten, im Gegensatz zu den anderen Instituten, bei denen meist das Telefon Mittel der Wahl ist, online abgefragt. Lange Zeit galt diese Art als methodisch weniger seriös und hat (hatte?) den Ruf, wichtige Bevölkerungsgruppen zu wenig oder zu stark zu berücksichtigen und damit weniger „repräsentativ“ zu sein. Doch: „The times they are a changin“. Die Daten zur Bundestagswahl sind ein deutlicher Fingerzeig, dass Onlinebefragungen (die auch das Büro Hitschfeld, neben telefonischen und schriftlichen Befragungen, nutzt) den Wettbewerb um die besten Ergebnisse nicht zu scheuen braucht.
Wie zuverlässig sind Wahlprognosen: Fazit
Forschung hat in unserer komplizierten und komplexen Welt einen großen Stellenwert. Sie dient als Mittel, die Welt besser verstehen zu können, und als wichtige Grundlage für Entscheidungen von – oft – großer Tragweite.
Deshalb müssen die Instrumente – gerade der repräsentativen Meinungsforschung – die sich verändernden Lebenswelten abbilden können, ohne klassische Aspekte zu vernachlässigen.
Ein Forschungsdesign muss deshalb Telefoninterviews unter Berücksichtigung von Festnetz- und Mobilnummern ebenso berücksichtigen, wie Onlinebefragungen.
Damit stehen Meinungsforscher vor ähnlichen Herausforderungen wie nach der Wiedervereinigung 1989/1990, als die geringe Zahl und ungleiche Verteilung der Telefonanschlüsse in Ostdeutschland das eingeübte Markforschungsdesign herausforderte.
*) Wie haben wir verglichen? Perfekt wären Vorhersagen, die genau dem Wahlergebnis entsprechen würden und bei dem es deshalb 0 % Differenz zwischen „Vorhersage“ und Wahlergebnis gäbe. Wir haben deshalb für jedes Institut nachgerechnet, wie groß – je Partei – der „Gap“ zwischen Vorhersage und amtlichem Ergebnis ist. Die Werte aller Parteien plus sonstige aufaddiert ergibt dann die Summe der Abweichungen. Je niedriger der Wert, umso besser.